Katalysatoren der Energiewende
Das Max-Planck-Cardiff Centre Funcat schafft Grundlagen für die systematische Entwicklung von chemischen Reaktionsbeschleunigern
Bei der Energiewende muss die Chemie stimmen. Denn sie ermöglicht es, Strom aus Wind und Sonne in Treibstoffen und Grundstoffen der chemischen Produktion zu speichern und dafür auch noch CO2 zu verwenden. Die entsprechenden chemischen Verbindungen lassen sich jedoch nur mit geeigneten Katalysatoren effizient herstellen, doch daran hapert es derzeit noch. Im Max-Planck-Cardiff Centre on the Fundamentals of Heterogeneous Catalysis (Funcat), das nun offiziell eröffnet wurde, haben sich drei Max-Planck-Institute und die Universität Cardiff zusammengeschlossen, um neue Wege in der Katalysatorforschung zu verfolgen, die unter anderem auf künstliche Intelligenz setzen. Als Testfall für den neuen Ansatz entwickeln die Forschenden unter anderem Reaktionsbeschleuniger, die CO2 in nützliche Substanzen umwandeln.
Katalysatoren sind eine wirtschaftliche Supermacht: Die Reaktionsbeschleuniger senken den Energieaufwand für viele chemische Reaktionen, lenken diese gezielt zu gewünschten Produkten lenken und machen manche Umwandlung erst möglich. So sind sie an der Herstellung von 85 Prozent aller Industrieprodukte beteiligt und tragen schätzungsweise ein Viertel zur weltweiten Wirtschaftsleistung bei. Und ihre Bedeutung dürfte noch steigen, wenn fossile Rohstoffe künftig mehr und mehr ersetzt werden, Strom aus regenerativen Quellen gespeichert werden muss und etwa Flugzeuge und Schiffe synthetische Kraftstoffe verbrennen sollen. „Katalyseforschung leistet einen entscheidenden Beitrag für die Speicherung und Umwandlung von Energie, aber generell für die sozioökonomische Entwicklung, vor allem hin zu einer Kreislaufwirtschaft“, sagt Max-Planck-Präsident Martin Stratmann. „Hier sind noch viele grundlegende Fragen offen, zu deren Klärung das Max-Planck-Cardiff Centre beitragen wird.“
Am Center Funcat, das nun mit einer Veranstaltung an der Universität Cardiff offiziell eröffnet wurde, beteiligen sich die Max-Planck-Institute für Kohlenforschung, für chemische Energiekonversion und das Fritz-Haber-Institut sowie das Cardiff Catalysis Institute an der Universität Cardiff. „Hier gehen vier Top-Labore eine institutionelle Partnerschaft ein, um in der Katalyseforschung ihre Ressourcen zu bündeln und einen innovativen Ansatz zu verfolgen“, sagt Ferdi Schüth, Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung und einer der Sprecher des Centers. „Dabei streben wir letztlich ein rationales Katalysatordesign an.“ Das heißt, statt neue Reaktionsbeschleuniger durch Versuch und Irrtum zu entwickeln, wie es bislang meistens geschieht, sollen Berechnungen das katalytische Verhalten von Materialien vorhersagen und so den experimentellen Aufwand bei deren Entwicklung deutlich reduzieren.
Für die systematische Suche nach geeigneten Kandidaten nutzen die Forschenden zum einen den Fundus der Nomad-Datenbank, in der auf Initiative von Matthias Scheffler, emeritierter Direktor am Fritz-Haber-Institut, Mess- und Rechenergebnisse zu den katalytischen Eigenschaften zahlreicher Materialien gespeichert werden und zum anderen künstliche Intelligenz. Sie kann aus den Daten der bereits untersuchten Metalle, Legierungen und Metalloxide schließen, wie gut sich neue Materialien für eine gewünschte Reaktion eignen. Dabei berücksichtigt sie auch, dass sich ein Katalysator bei der Arbeit verändert, und ermöglicht Vorhersagen, wie sich diese Veränderungen so steuern lassen, dass sie seine Arbeit unterstützen und nicht behindern. „In der Katalyseforschung wird die Verbindung zwischen Theorie und Experiment immer wichtiger werden, und unsere theoretischen Methoden warden immer bessere Vorhersagen erlauben“, sagt Graham Hutchings, Regius Professor für Chemie an der Universität Cardiff und ebenfalls Sprecher des Max-Planck-Cardiff Centres.
Seine Stärke soll der neue Ansatz unter anderem bei der Suche nach Katalysatoren beweisen, die das sehr reaktionsträge CO2 in Methanol, das sich als Treibstoff eignet, oder Formaldehyd, einen Grundstoff der Chemieproduktion, umwandeln. Ein solcher Katalysator könnte helfen, den Bedarf an synthetischen Kraftstoffen zu decken und in der Chemieproduktion zu eine Kreislaufwirtschaft zu gelangen und den CO2-Fußabdruck zu reduzieren. „Unser Ansatz in der Katalysatorentwicklung kann einmal mehr dazu beitragen, die künftige ökonomische Entwicklung voranzutreiben, und zwar hin einer klimaneutralen Wirtschaftsweise“, so Hutchings.
Text: Peter Hergersberg