Katalyse neu denken – zwischen Tradition und Zukunft
Dr. Josep Cornellà wird Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung
Dr. Josep Cornellà wurde zum Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr berufen. Seit dem 1. April verstärkt der 40-jährige Chemiker als sechstes wissenschaftliches Mitglied den Direktorenkreis des Instituts. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf alternativen katalytischen Konzepten mit Elementen wie Bismut sowie auf der Nickelchemie, einem traditionsreichen Forschungsfeld des Instituts.

Cornellà kam 2017 wegen des herausragenden Rufes des Instituts nach Mülheim: „Die Kohlenforschung ist das führende Forschungsinstitut in der Katalyse und Grundlagenforschung. Es hat eine enorme Anziehungskraft auf junge Forschende“, erklärt er. „Dass ich jetzt als Direktor bleiben werde, war nie geplant, aber es ist eine große Ehre und eine Aufgabe, auf die ich mich sehr freue.“ Schon als Postdoktorand vor über zehn Jahren stellte Cornellà sich die Frage, ob Bismut, ein Schwermetall, in Redoxreaktionen als Katalysator eingesetzt werden könnte. Damals war das kaum mehr als eine wissenschaftliche Kuriosität, die nicht systematisch erforscht wurde. „Es ging nie darum, ein akutes Problem zu lösen“, erinnert er sich. „Es war eine kühne, grundlegende Frage – genau die Art von Forschung, für die das Max-Planck-Institut steht.“ Inzwischen hat seine Gruppe gezeigt, dass Bismut die Rolle von Übergangsmetallen in der Katalyse nicht nur übernehmen, sondern in manchen Fällen sogar übertreffen kann, während es gleichzeitig weniger umweltschädlich und nicht giftig ist. Was einst mit einer einfachen Idee begann, hat sich heute zu einem internationalen Forschungsfeld mit enormem Potenzial entwickelt. Die neue Abteilung von Cornellà widmet sich nun noch umfassender der Frage, wie sich schwere Hauptgruppenelemente katalytisch optimal einsetzen lassen.
Trotz des wachsenden Interesses an Bismut will Cornellà auch die Nickelchemie am Institut weiterführen. In den 1950er- und 60er Jahren schrieb der ehemalige Direktor Günther Wilke mit der Entdeckung von „nackten Nickelkomplexen“ Chemiegeschichte. „Ich habe hier Zugang zu alten Laborbüchern bekommen, wie man sie sonst nirgends mehr findet – verrückte Nickelchemie aus einer anderen Zeit, die aber erstaunlich modern ist“, erzählt Cornellà. „Die Nickelkatalyse lebt und ich möchte ihre Geschichte fortschreiben.“ Ein Ergebnis dieser Wiederbelebung sind luftstabile Ni(stb)₃-Komplexe, die den Einsatz von Nickel in der Katalyse in Forschung und Industrie deutlich leichter machen. Die erfolgreiche Patentierung dieser Komplexe ist für Cornellà auch ein Beweis dafür, dass sich kreative Ideen und mutige Ansätze langfristig auszahlen. „Ich liebe es, mit meinem Team verrückt erscheinende Ideen zu diskutieren und Möglichkeiten auszuloten. Wenn daraus schließlich erfolgreiche Experimente und neues Wissen entstehen, dann hat sich jede Mühe gelohnt.“
Über Josep Cornellà
Josep Cornellà studierte Chemie an der Universität Barcelona und promovierte 2012 am Queen Mary University of London. Es folgten Stationen als Postdoktorand am Scripps Research Institute (USA) und am Institute of Chemical Research of Catalonia (Spanien). 2017 kam er als Max-Planck-Forschungsgruppenleiter an das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, wo er die Gruppe „Nachhaltige Katalyse für die Organische Synthese“ gründete. Für seine Forschung wurde er vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Heinz Maier-Leibnitz-Preis (2021), einem ERC Starting Grant (2020), dem Ruhrpreis für Kunst und Wissenschaft (2020) sowie dem OMCOS-Preis 2024. Darüber hinaus wurde er in die Liste „Talented 12“ des Magazins C&EN und in die Auswahl „10 scientists to watch“ des Magazins Science News (2022) aufgenommen.