Reaktionsintermediate
Ein Blick in den katalytischen Weg vom Substrat zu den Produkten liefert wertvolle Hinweise auf den Reaktionsmechanismus. Leider sind die aufschlussreichen Zwischenprodukte von Reaktionen in der Regel kurzlebig und liegen nur in geringer Konzentration vor, so dass ihre Charakterisierung durch NMR eine große Herausforderung sein kann. Es können mehrere Strategien angewendet werden, um Reaktionsintermediate zu detektieren: (1) Nutzung modernster Instrumente und/oder spezieller Experimente, die die Empfindlichkeit des Nachweises mit NMR steigern können, oder (2) Verwendung chemischer Strategien zur Begünstigung und Stabilisierung von Zwischenprodukten hin zu Langlebigkeit auf der NMR-Zeitskala. Hier sind einige repräsentative Projekte:
Nachweis von geminal-hydrierten Carbenintermediaten mit PHIP (para-Hydrogen Induced Polarization): Die inhärent schlechte Empfindlichkeit von NMR beruht auf der Tatsache, dass das NMR-Signal aus der thermischen Polarisation von Kernspins innerhalb eines starken Magnetfeldes entsteht. Es gibt jedoch andere mögliche Quellen der NMR-Polarisierung. Wenn molekularer Wasserstoff in seinem stabilen para-Spin-Zustand (para-H2) paarweise auf ein Molekül übertragen wird - beispielsweise bei der Hydrierungsreaktion einer Dreifachbindung - wird die Symmetrie des Moleküls gebrochen, während die antiparallele Spinausrichtung erhalten bleibt. In der Tat "speichert" der para-H2 100% Polarisation, die durch seine Übertragung auf ein Molekül "freigesetzt" werden kann, was zu einem theoretischen 10000-fachen Anstieg der Empfindlichkeit führt. Diese Methode (para-Hydrogen Induced Polarization oder PHIP) wurde zur Untersuchung von kurzlebigen und niedrigkonzentrierten Reaktionszwischenprodukten verwendet. Sie wurde in unserem Labor in der mechanistischen Studie der Ru-katalysierten trans-Hydrierung von Alkinen verwendet.
Detektion des terminalen Hydrid Intermediates in [FeFe]-Hydrogenasen: Mittels hochempfindlicher Lösungs-1H-NMR-Spektroskopie bei Raumtemperatur konnten die stark paramagnetisch verbreiterten und verschobenen 1H-Signale erkannt und Schlüsselpositionen innerhalb des wasserstoffproduzierenden katalytischen Zyklus der [FeFe]-Hydrogenase aus Chlamydomonas reinhardtii zugeordnet werden. So wurde ein als entscheidend für den katalytischen Mechanismus anerkannter Zwischenzustand mit einem terminalen eisengebundenen Hydrid, direkt nachgewiesen, was den erstmaligen eindeutigen Nachweis unter physiologischen Bedingungen darstellte.
Stabilisierung und Strukturstudie eines chiralen Dirhodium-Carbenintermediate: Seit über einem Jahrzehnt beruhen die bedeutenden katalytischen Eigenschaften des bimetallischen Dirhodium-"Paddlewheel"-Komplexes auf der Aktivierung der C-H-Bindung und werden bei asymmetrischer Cyclopropanierung, Cycloaddition und Ylidbildung auf einem wichtigen Rh-Carben-Zwischenprodukt verwendet. Aufgrund seiner bekannten Instabilität wurde dieses Intermediat nie zuvor nachgewiesen. Ergänzend zu den wertvollen kristallographischen Informationen über stabilisierte Rh-Carben-Zwischenprodukte konnte NMR bestätigen, dass strukturelle Merkmale wie Position und Ausrichtung des Carbenliganden auch in Lösung vorhanden sind. Außerdem lieferte NMR ein detailliertes dynamisches Porträt, das für das Verständnis des Reaktionsmechanismus entscheidend ist.
Repräsentative Publikationen:
[1] D. J. Tindall, C. Werle, R. Goddard, P. Philipps, C. Farès, A. Fürstner, J. Am. Chem. Soc. 2018, 140, 1884-1893.
doi: http://doi.org/10.1021/jacs.7b12673
[2] C. Sommer, S. Rumpel, S. Roy, C. Farès, V. Artero, M. Fontecave, E. Reijerse, W. Lubitz, J. Biol. Inorg. Chem. 2018, 23, 481-491.
doi: http://doi.org/10.1007/s00775-018-1558-4
[3] S. Rumpel, C. Sommer, E. Reijerse, C. Farès, W. Lubitz, J. Am. Chem. Soc. 2018, 140, 3863-3866.
doi: http://doi.org/10.1021/jacs.8b00459
[4] S. Rumpel, E. Ravera, C. Sommer, E. Reijerse, C. Farès, C. Luchinat, W. Lubitz, J. Am. Chem. Soc. 2018, 140, 131-134.
doi: http://doi.org/10.1021/jacs.7b11196
[5] A. Guthertz, M. Leutzsch, L. M. Wolf, P. Gupta, S. M. Rummelt, R. Goddard, C. Farès, W. Thiel, A. Fürstner, J. Am. Chem. Soc. 2018, 140, 3156-3169.
doi: http://doi.org/10.1021/jacs.8b00665
[6] C. Werlé, R. Goddard, P. Philipps, C. Farès, A. Fürstner, Angew. Chem. Int. Ed. 2016, 55, 10760-10765.
doi: http://doi.org/10.1002/anie.201605502
[7] C. Werlé, R. Goddard, P. Philipps, C. Farès, A. Fürstner, J. Am. Chem. Soc. 2016, 138, 3797-3805.
doi: http://doi.org/10.1021/jacs.5b13321
[8] M. Leutzsch, C. Farès, MPI Kohlenforschung Forschungsbericht 2016 2016. doi:
[9] M. Leutzsch, L. M. Wolf, P. Gupta, M. Fuchs, W. Thiel, C. Farès, A. Fürstner, Angew. Chem. Int. Ed. 2015, 54, 12431-12436.
doi: http://doi.org/10.1002/anie.201506075