Frauen in der Forschung - reingeschnuppert beim Girls' Day am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung: 35 Mädchen in Laboren, Werkstatt und analytischen Abteilungen

1. April 2019

Chemische Grundlagenforschung soll weiblicher werden. Auch wenn Bilder aus der über 100 jährigen Institutsgeschichte des MPI für Kohlenforschung beweisen, dass Frauen schon von Anfang an zum Arbeitsalltag in der Forschung gehörten, so sind Frauen am MPI aktuell leider noch nicht im gleichen Maße vertreten wie Männer.

„In der Ausbildung haben wir etwa 30 Prozent weibliche Bewerberinnen, das ist noch ein ganz guter Schnitt“, meint Petra Wedemann, die am MPI für Kohlenforschung seit vielen Jahren die Ausbildungsabteilung leitet und schon zahlreiche junge Menschen zu Chemie- und Physiklaboranten ausgebildet hat. „Bei den festangestellten Wissenschaftlern jedoch – zu denen etwa auch Führungspositionen wie Gruppenleiter gehören - sind es aber noch weniger Frauen, auch wenn das Institut viele Fördermöglichkeiten für Wissenschaftlerinnen und demnächst auch mit einer Betriebskita bietet“. Wedemann ist überzeugt, dass man Mädchen frühzeitig für einen Beruf in den Naturwissenschaften begeistern und Schwellenängste abbauen muss.

Das denkt auch Gruppenleiterin und Privatdozentin Dr. Claudia Weidenthaler, die am Institut Schulprojekte und den Girls‘ Day koordiniert. „Die Entscheidung fällt meist zum Ende der Schulzeit. Viele Mädchen ziehen einen MINT Beruf gar nicht erst in Erwägung, da sie Angst vor zu viel Mathe oder Physik haben. Sie denken, dass es langweilig oder zu anspruchsvoll für sie sein könnte. Wir bieten bei unseren Berufsfelderkundungsmöglichkeiten eine Möglichkeit, diese Vorurteile einem Realitätscheck zu unterziehen. Beim Girls‘ Day erfahren die Mädchen, dass man nicht von morgens bis abends im Labor steht sondern gemeinsam mit Kollegen aus analytischen Abteilungen kreativ daran arbeitet, Lösungen für chemische Fragestellungen zu finden. Dazu gehört viel Teamwork und Kommunikation.“, so Weidenthaler. „Wir können den Mädchen nur empfehlen, die Schnupper-Angebote der Institute und Hochschulen zu nutzen, um bei der Berufswahl auch die Naturwissenschaften im Blick zu haben“, so Weidenthaler. Das Arbeiten in der chemischen Grundlagenforschung sei sinnstiftend, weil man aktiv dabei ist, nachhaltige Lösungen, Prozesse und Wirkstoffe für die Zukunft zu entwickeln. Außerdem biete die Branche viele Entwicklungsmöglichkeiten und gute Verdienstperspektiven.

Frauenarbeit am MPI für Kohlenforschung – ein Blick in die Geschichte

In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war Frauenarbeit – zumindest in bürgerlichen Kreisen – noch eher ungewöhnlich. Auch das damalige Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung machte bei seiner Eröffnung 1914 keine Ausnahme von dieser Regel. Unter den 11 Beschäftigten befand sich genau eine Frau, die Sekretärin des Verwaltungsleiters. Im Ersten Weltkrieg änderte sich die Situation, anstelle der einberufenen Männer mussten immer mehr Frauen deren Tätigkeiten übernehmen. So wurden in der Kohlenforschung im Jahre 1916 die erste Chemikerin und die erste Laborantin, Ella Kolkmann (Bild), eingestellt. Im Gegensatz zur sonst üblichen Praxis verloren am Institut nach Kriegsende nicht alle diese Frauen ihren Arbeitsplatz. Vielmehr kam es in Mülheim zu dem bemerkenswerten Phänomen, dass in den 1920er Jahren z.B. kein einziger männlicher Laborant beschäftigt wurde. Im Durchschnitt waren zwischen 1920 und 1929 ungefähr 20 Prozent aller Angestellten weiblich. Während sich an den Universitäten und Technischen Hochschulen über lange Zeit eine rein männliche Kultur entwickelte, waren Frauen am KWI für Kohlenforschung von Anfang an präsent.


 

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