Geschichte
Das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung ist eines der ältesten Institute in der Max-Planck-Gesellschaft und die älteste wissenschaftliche Forschungseinrichtung des Ruhrgebiets. Es wurde 1912 als Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung gegründet und nahm 1914 den Betrieb auf. Seine Gründung ergab sich daraus, dass der einheimische Rohstoff Kohle zu Beginn des 20. Jahrhunderts chemisch noch wenig erforscht war und künftig besser verwertet werden sollte.
Der größte wissenschaftliche Erfolg der Anfangsjahre war zweifellos die Entdeckung der Fischer-Tropsch-Synthese, durch den damaligen Institutsdirektor Franz Fischer und seinen Mitarbeiter Hans Tropsch, im Jahre 1925. Dieses Verfahren, bei dem durch indirekte Hydrierung Kohle verflüssigt wird und das vor allem zur Gewinnung von synthetischen Treibstoffen dient, wird bis heute weltweit erfolgreich eingesetzt.
Nachdem Franz Fischer 1943 emeritiert wurde, übernahm Karl Ziegler das Amt des Institutsdirektors und änderte gleichzeitig die wissenschaftliche Ausrichtung des Instituts. Weg von eher anwendungsorientierten Forschungen hin zu Grundlagenforschung, die er als „allgemeine synthetische Chemie“ beschrieb. Sein Schwerpunkt lag dabei insbesondere auf verschiedenen Polymerisationsreaktionen.
Dies führte 1953 zur Entdeckung des Niederdruck-Verfahrens zur Herstellung von Polyethylen: Karl Ziegler hatte den modernen Kunststoff erfunden, der nun seinen Siegeszug in der ganzen Welt antrat! 1963 wurde er dafür mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.
Unter seinem Nachfolger Günther Wilke, der das Institut ab 1969 leitete, wurde Zieglers Forschungswerk weitergeführt. Wilke fokussierte sich mit seinen Mitarbeitern auf die metallorganische Chemie von Nickel. Diese Arbeiten waren nicht nur auf ihrem unmittelbaren Gebiet bahnbrechend, sondern beeinflussten auch die Entwicklung der Übergangsmetallchemie und Katalyse im Ganzen. Aus Sicht der Anwendungstechnik sind hier die wissenschaftlichen Grundlagen für Kunststoffe aus Polyamid-12 zu nennen, die sich durch besondere Formstabilität und Haltbarkeit auszeichnen.
Mit der 1993 erfolgten Ernennung von Manfred T. Reetz zum Direktor, begann eine umfassende Neustrukturierung des Instituts. Reetz, der selbst das Fachgebiet der Organischen Chemie abdeckte, initiierte die Erweiterung der Institutsleitung um weitere vier Direktoren, die jeweils eine wissenschaftliche Abteilung leiteten. Er legte damit den Grundstein für die heutige Organisation des Instituts.
Mit dieser Änderung der Organisationstruktur ging auch eine Neudefinition der wissenschaftlichen Ziele einher, die sich alle um das zentrale Thema der Katalyse gruppierten und seitdem das Arbeitsgebiet des Instituts bilden.
Seit nunmehr über 100 Jahren ziehen die herausragenden Forschungsleistungen und der exzellente Ruf des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt an, die in Mülheim hervorragende Bedingungen für ihre Arbeiten vorfinden.
Chronologie
1912 | Die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, Vertreter der rheinisch-westfälischen Industrie und der Stadt Mülheim an der Ruhr beschließen die Errichtung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr. | |
1913 | Franz Fischer wird zum ersten Direktor des Instituts ernannt. | |
1914 | Feierliche Einweihung und Eröffnung des Instituts. | |
1925 | Franz Fischer und Hans Tropsch melden das nach ihnen benannte "Fischer-Tropsch-Verfahren zur Kohlehydrierung" zum Patent an. | |
1925 | Gründung einer Verwertungsgesellschaft, der heutigen Studiengesellschaft Kohle. | |
1939 | Umwandlung des Instituts in eine selbstständige rechtsfähige Stiftung. | |
1943 | Emeritierung von Franz Fischer, Karl Ziegler (Universität Halle) wird zum Institutsdirektor ernannt. | |
1949 | Karl Ziegler und Hans-Georg Gellert entdecken die sogenannte "Aufbau-Reaktion", Grundlage für das spätere Niederdruck-Polyethylen-Verfahren. | |
1949 | Umbenennung in "Max-Planck-Institut für Kohlenforschung". | |
1953 | Das Niederdruckpolyethylen-Verfahren zur Herstellung von hochmolekularen Polyäthylenen bei niedrigen Drücken wird zum Patent angemeldet. Karl Ziegler wurde hierfür 1963 mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet. | |
1958 | Errichtung einer selbstständigen Abteilung für Strahlenchemie, dem heutigen Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion. | |
1963 | Verleihung des Nobelpreises für Chemie an Karl Ziegler und Giulio Natta. | |
1968 | Das Ehepaar Karl und Maria Ziegler richten den "Ziegler-Fonds", der mit den Lizenzeinnahmen aus dem Nieder-Druckpolyethylen-Verfahren dem Institut finanzielle Unabhängigkeit ermöglichen soll. | |
1969 | Übergabe der Amtsgeschäfte des Institutsdirektors Karl Ziegler an Günther Wilke. | |
1970 | Das Verfahren zur Entkoffeinierung von Rohkaffee (Erfinder: K. Zosel) wird zum Patent angemeldet. | |
1970 | Karl Ziegler richtet zusätzlich die "Ziegler-Stiftung" ein. | |
1973 | Karl Ziegler stirbt in Mülheim an der Ruhr. | |
1981 | Der Senat der Max-Planck-Gesellschaft beschließt, das Institut für Strahlenchemie im Max-Planck-Institut für Kohlenforschung als "Max-Planck-Institut für Strahlenchemie" zu verselbstständigen. | |
1991 | Berufung von Manfred T. Reetz (Universität Marburg) als Wissenschaftliches Mitglied und zweiter Direktor an das Institut. | |
1993 | Emeritierung von Günther Wilke und Amtsübergabe an Manfred T. Reetz. | |
1998 | Berufungen von Alois Fürstner und Ferdi Schüth zu Wissenschaftlichen Mitgliedern und Direktoren am Institut. | |
1999 | Berufung von Walter Thiel (Universität Zürich) als Wissenschaftliches Mitglied und Direktor am Institut. | |
2005 | Berufung von Benjamin List als Wissenschaftliches Mitglied und Direktor am Institut. | |
2010 | Einweihung des neuen Hörsaalgebäudes. | |
2014 | Das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung feiert sein 100-jähriges Bestehen. | |
2015 | Berufung von Tobias Ritter als Wissenschaftliches Mitglied und Direktor am Institut. | |
2018 | Berufung von Frank Neese als Wissenschaftliches Mitglied und Direktor am Institut. |