Schüths Experimentalvorlesung in der Freilichtbühne begeistert
Eine kurze Rückschau durchs Programm von A-Z
Den Auftakt zur Vorlesung bilden wie gewohnt drei große Flammen, effektvoll entfacht von Ferdi Schüth, André Pommerin und Wolfgang Schmidt, dem bewährten Team Experimentalvorlesung vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung. Rund 2000 Besucher füllen die Ränge der Mülheimer Freilichtbühne und freuen sich, dass die Show mit Einbruch der Dunkelheit starten kann. Ein erstes Experiment nutzt das Element Barium: von den Chemikern in ein Feuer gegeben, färbt es die Flamme grün. Ebenso zeigen andere Elemente der ersten und zweiten Hauptgruppe - etwa Natrium eine gelbe und Strontium eine rote Flammenfärbung - und können so detektiert werden. Mit diesem Versuch erklärt Ferdi Schüth die historischen Anfänge der Analytischen Chemie, die zwischen 1850 und 1930 Elemente über Flammenfärbungen identifizierte.
Es folgt ein Experiment, das „der bellende Hund“ genannt wird und zu den Favoriten des Institutsdirektors gehört. Das Anzünden des Gasgemischs erzeugt einen jaulend-bellenden Ton, der im 19. Jahrhundert am Bayerischen Königshof als Schauexperiment vorgeführt wurde. Der Chemiker Justus Liebig brachte dabei eine Mischung aus Schwefelkohlenstoff, Lachgas und weiteren Substanzen zur Entzündung und verdiente damit erstaunlich viel Geld. Nun werden die Fans in den ersten Reihen gebraucht: sie helfen bei der Chemischen-Luftballonlotterie. Neugierig entzündet ein Geschwisterpaar Ballons gefüllt mit Helium, Knallgas oder Wasserstoff und das Publikum erlebt Explosionen, die jeweils sehr unterschiedliche Dezibel erreichen.
Überhaupt erfährt der Besucher der Aufführung von ‚Feuer, Flamme und Chemie‘ viel über die Eigenschaften von Gasen - etwa über ihre Brennbarkeit. Sauerstoff, beim Chemiker Oxygen genannt, ist der beste Entzünder, erklärt Schüth. Mit ihm brennt eigentlich alles. Und so beweisen die Chemiker dies, indem sie ein pappiges Toastbrot spektakulär abbrennen oder auch vegane Würstchen auf dem Holzkohlengrill in Sekundenschnelle mit Hilfe von flüssigem Sauerstoff zubereiten. Als besondere Quelle für laute Explosionen stellt Schüth Acetylen vor. Schüth leitet das extrem brennbare Gas zusammen mit Sauerstoff in eine Plastiktüte und entzündet diese mit einer hingeworfenen Wunderkerze. „Wäre der Begriff Knallgas nicht schon für die Mischung von Sauerstoff und Wasserstoffgas reserviert, so hätte Acetylengas diesen Namen mehr als verdient“, betont er.
Neben spektakulären Effekten sorgen launige Erzählungen aus der Welt der Chemie für unterhaltsame Einblicke und Hintergrundwissen. Schüth greift eine 100-jährige Reaktion auf, die Fischer-Tropsch-Synthese, welche 1925 an der Kohlenforschung zur Synthese von flüssigen Treibstoffen aus Kohle entwickelt wurde. Der Namensgeber und erste Institutsdirektor Franz Fischer habe Mülheim „öde und langweilig, ohne geistige Anregung“ gefunden, was viele Lacher kassiert. Dankenswerterweise aber habe er mit der Fischer-Tropsch-Reaktion eine sehr grundlegende Entdeckung gemacht, die auch heute noch hochaktuell ist – etwa für die Herstellung von nachhaltigem Kerosin für Flugzeuge. Doch Schüth liebt auch Unsinn auf der Bühne: So kühlt er eine Banane in flüssigem Stickstoff, nutzt sie als Hammer und zeigt, wie kalt (-196 C) Stickstoff ist.
Und der Professor schlägt erneut einen Bogen zum Klimaschutz: so werde die Fischer-Tropsch-Reaktion heute auch von einem Start-up genutzt, um vegane Butter aus CO2 herzustellen und so Emissionen zu verringern. Eine coole Idee. Wissenschaft wird auf der Freilichtbühne charmant vermittelt und es gibt auch Life Hacks. Etwa beim spektakulären Experiment zum Fettbrand, der ja bekanntlich niemals mit Wasser gelöscht werden darf. Dafür bringt Ferdi Schüth Fett auf Brandtemperatur, um dann mit einem Luftgewehr auf einen mit Wasser gefüllten Ballon zu schießen, der über dem Feuer hängt. Doch das Wasser ergießt sich in die falsche Richtung - „Das war ein Satz mit X“, kommentiert der Professor.
Spektakulär lodern auch die Sporen des Bärlapps aus dem Himalaya, deren Lycopodin in der Pyrotechnik genutzt werden – etwa bei Rammstein-Konzerten – oder zum Feuerspucken verwendet werden können. Nach zweieinhalb Stunden folgt der große Abschluss: das Team schmilzt Eisen und erzeugt spektakuläre Eindrücke wie im Hochofen. Das Publikum bleibt bis zuletzt, ehe Schüth seine Zugabe verspricht: In zwei Jahren es eine neue Auflage von „Feuer und Flamme für die Chemie“ – mit den Reglern und der Institutsband Energy Converters geben. Versprochen!
Ein großer Dank geht an die Regler und das Berufskolleg Stadtmitte: die Klasse der Veranstaltungstechniker von Rolf Baumgarten-Wenderoth hat die Experimentalvorlesung und den Auftritt der Energy Converters professionell mit Veranstaltungstechnik begleitet und mit ihrem Einsatz für ein gelungenes Event gesorgt.
Fotos: Robin Bitter und Isabel Schiffhorst/MPI für Kohlenforschung



















