Minervas Töchter setzen auf Biokatalyse für eine nachhaltige Zukunft

29. August 2025

Projektleiterin Dr. Mariko Teshima gestaltet den Aufbau und die Sicherheit des neuen Biolabors

Dr. Mariko Teshima ist seit Februar 2025 an unserem Institut und kümmert sich als Projektleiterin Biokatalyse um das neue S1 Biolabor in der 4. Etage des Laborhochhauses. Die 36-jährige kam als junges Mädchen mit ihren Eltern aus Japan nach Deutschland und besuchte in Unterschleißheim bei München die Schule. Mariko hat Molekulare Biotechnologie an der TU München studiert und ihre Promotion gerade abgeschlossen. 

Warum sie es spannend findet, an dem Neuaufbau des Labors mitzuwirken und welche Herausforderungen sie antraf, erzählt sie im Minervas Töchter Interview.

Was hat Dich hierher geführt? Erzähl uns von Deinem Weg zur Kohlenforschung!
Mariko Teshima: Ich habe die Stellenausschreibung für die Projektleitung Biokatalyse entdeckt und fand es sehr spannend, den Aufbau eines neuen Labors in einem Max-Planck-Institut zu übernehmen. Das ist eine tolle, einzigartige Möglichkeit, um Pionierarbeit zu leisten. Das genaue Forschungsfeld des Labors war offengehalten, aber in der Stellenanzeige war angemerkt, dass Erfahrungen in der Arbeit mit CO2 vorteilhaft wären. Dies hat auch meine Aufmerksamkeit erregt, da ich dort das Potenzial gesehen habe, meine bisherigen Erfahrungen mit Biokatalyse und Protein Engineering für die anwendungsorientierte Biotechnologie und Nachhaltigkeit mit meinem starken Interesse am in den letzten Jahren hochgekommenen Forschungsgebiet zur CO2-Verwertung zu vereinen. Auch die Möglichkeit, mit talentierten Chemikern zusammenzuarbeiten und dadurch neue Impulse zu bekommen, hat mich gereizt. Ich wollte nach neuen Möglichkeiten der Katalyse suchen und die schnell wachsenden Erkenntnisse aus der Biokatalyse mit denen aus der Organokatalyse bzw. der organischen Chemie verbinden, um dadurch neue Entdeckungen zu machen.

Wie sieht dein Arbeitsalltag am Institut aus?
Mariko: Die ersten Monate hier am Institut war ich intensiv damit beschäftigt, die Einrichtung und den Betrieb des Labors vorzubereiten. Arbeiten im S1-Labor unterliegen dem Deutschen Gesetz über die Sicherheit der Gentechnik. Ich musste mich gut in verschiedene Gesetze, Verordnungen und Regelwerke einlesen, wofür gute Deutschkenntnisse erforderlich waren, da sie nicht ins Englische übersetzt sind. Außerdem stand ich in engem Kontakt mit Behörden und unterschiedlichsten Einheiten und habe auch viele Prozesse und Systeme für die Organisation des Biolabors am Institut neu aufbauen müssen. Diesbezüglich bedanke ich mich sehr bei meinen Kollegen im Biolabor und der Sicherheitsabteilung. Zwar gab es schon bei Professor Reetz ein Biolabor mit einer hervorragenden Ausstattung fürs Hochdurchsatzscreening, aber dieses war schon lange aufgelöst. Das neue Biolabor war also ein komplett neues Projekt, von dem Prof. Ritter seit Jahren geträumt hatte. Seit etwa drei Monaten haben wir die behördlichen Genehmigungen, das Labor zu nutzen, und nun koordiniere ich auch die Arbeit der Kollegen aus dem Team Ritter und List in den Räumlichkeiten. Hierfür sind Einweisungen, Dokumentation gentechnischer Arbeiten und Expertise erforderlich, um den in Deutschland geforderten hohen Sicherheitsstandard zu gewährleisten. In näherer Zukunft werde ich auch selbst mehr im Labor arbeiten und mich mit Enzymscreening, De-Novo-Enzymdesign, Enzym-Engineering und Biotransformationen beschäftigen.

Was sind Deine beruflichen Ziele?
Mariko: Zunächst einmal möchte ich natürlich meine Rolle als Projektleiterin optimal ausfüllen und den Betrieb des Labors aufbauen. Mein PhD-Projekt hat mich als Wissenschaftlerin so sehr geprägt, dass der starke Wunsch in mir erwachte, eine nachhaltige Technologie für die Umwelt zu entdecken. In der Abteilung von Professor List bin ich an Themen beteiligt, die hier ansetzen. Es wäre toll, wenn ich durch meine Arbeit einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz leisten könnte. Diese Meinung habe ich in diesem Sommer verstärkt, als ich meine Heimat mit schönen Landschaften besuchte und bereits spürbare Einflüsse des Klimawandels sowie den drohenden Verlust der Biodiversität beobachtet habe. Andererseits möchte ich betonen, dass man sich nicht darauf verlassen sollte, dass irgendwann technologische Entwicklungen die Welt von der globalen Erderwärmung retten würden. Mehr Menschen in allen Ländern sollten sich ihrer ökologischen Fußabdrücke bewusst werden.

Mein PhD-Projekt hat mich als Wissenschaftlerin so sehr geprägt, dass der starke Wunsch in mir erwachte, eine nachhaltige Technologie für die Umwelt zu entdecken.
Mariko Teshima, MPI KOFO

Was hat Dich bei Deiner Berufswahl beeinflusst? Hattest Du ein Vorbild?
Mariko: Ich habe nicht ein Vorbild für alles. Aber verschiedene Vorbilder für verschiedene Dinge. Meine Mutter, sie ist Pianistin, ist für mich ein Vorbild für Fleiß, Ordentlichkeit und Hingabe. Als Kind habe ich ihr oft über die Schulter geschaut, und ihr Tun hat mich geprägt. So sehr, dass ich ursprünglich auch geplant hatte, Musik zu studieren. Nachdem ich die Aufnahmeprüfung für Violine nicht bestanden hatte, wurde mir die Welt erst schwarz-weiß. In dieser Phase habe ich jedoch mehrere Ereignisse erlebt, die mich umdenken ließen und mich dazu bewegten, mich für Menschen und Gesellschaft einzusetzen. Die Naturwissenschaften waren dabei meine Lösung, die diesen Wunsch, mein Interesse und meine Stärken vereinte. Mein Interesse für Naturwissenschaften habe ich sicher von meinem Vater bekommen, der Physiker und Direktor an einem Max-Planck-Institut ist. Als Kind habe ich mit ihm verschiedene naturwissenschaftliche Museen und Ausstellungen besucht, ich erinnere mich an zahlreiche Fotos vom Universum in seinem Arbeitszimmer und unser Mathe-Quiz bei Autofahrten. Durch ihn habe ich auch gesehen, dass Max-Planck-Institute ein hervorragendes Umfeld für wissenschaftliches Arbeiten bieten. Es gibt aber noch eine dritte Person, die ich zu meinen Vorbildern zählen würde: Prof. Shinya Yamanaka, Stammzellforscher und Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin von 2012. Yamanaka hat mit seiner Forschung nicht nur ein ganz neues Gebiet entdeckt und etabliert, er hat auch eine tolle Persönlichkeit – bodenständig, und verantwortungsbewusst. Er ist bescheiden und zeigt, dass Forscher auch nicht alles wissen und je mehr sie forschen, umso mehr sehen sie, dass es „nur“ ein Teil in einer Kette der Erkenntnisse ist. Die Einstellung, sich selbst und die eigenen Forschungsergebnisse kritisch zu betrachten und sich stets mit neuen wissenschaftlichen Fragestellungen und Herausforderungen auseinanderzusetzen, hat mich schon seit Beginn meiner akademischen Laufbahn geprägt.

Gab es auch schon schwierige Schritte, die Du meistern musstest?
Mariko: Eine der größten Herausforderungen war sicher die Übersiedlung nach Deutschland. Ich war erst 15, als meine Eltern nach Deutschland gingen und bin damals unterstützt von meinen Großeltern, die immer wieder mehr als eine Stunde mit dem Zug hin und her gefahren sind, für ein Semester allein in Japan geblieben, um meinen Abschluss an der Junior High-School zu machen. In Deutschland war die erste Zeit an der Schule schwer. Da ich noch nicht gut Deutsch konnte, konnte ich nur den Matheunterricht gut verfolgen. Aber auch heute ist nicht alles einfach. Zum Beispiel stellt mich meine Aufgabe am Institut immer wieder vor Herausforderungen. Es sind viele Dinge zu organisieren und es gibt weder Vorgänger noch Grundlagen, auf die ich mein Projekt stützen könnte. Das ist einerseits spannend und bedeutet große Freiheit, andererseits aber auch große Verantwortung.

Welchen Rat würdest Du jungen Mädchen geben, die in der Wissenschaft arbeiten möchten?
Mariko: Ich denke immer, folge deiner Neugier und Leidenschaft und dann einfach ausprobieren. So mache ich es auch. Was gibt es zu verlieren? Wenn der Weg nicht richtig war, kann man das Thema immer noch wechseln oder sich verändern. Ich empfehle, nicht zu warten, sondern den Mut zu haben, einer Leidenschaft jetzt zu folgen nach dem Motto: „Heute bin ich die jüngste …“. In manchen Forschungsgebieten sind noch deutlich mehr Männer vertreten, sodass auch die Gruppendynamik einen männlichen Charakter haben könnte. Meiner Meinung nach können Frauen aber auch eigene Werteinstellungen vertreten und sich entfalten, ohne Gruppenzwang zu verspüren. Es ist beispielsweise sinnlos zu denken, dass deine männlichen Kollegen viel länger als du im Labor arbeiten können. Jeder hat andere Stärken, und je unterschiedlicher die Mitglieder sind, umso mehr kann eine Gruppe von der Vielfalt profitieren.

Muss sich in der Forschung etwas verändern, damit Frauen noch besser gleichberechtigt arbeiten können?
Mariko: Es gibt schon viele Frauen, die hervorragend ausgebildet sind und manchmal auf eine Karriere in der Forschung verzichten, weil sie meinen, dies nicht mit einer Familie vereinbaren zu können. Es ist schade, wenn sie der Forschung oder dem Arbeitsmarkt dadurch „verloren gehen“. Ich weiß zwar nicht, wie meine Zukunft aussehen wird, aber ich wünsche mir, dass die Gesellschaft sich noch weiter so entwickelt, dass Frauen alles wollen und auch machen können wie Männer.

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