Neues zu anti-Markownikow Produkten

Direktor Tobias Ritter publiziert spannende Arbeit bei Nature Catalysis

22. Februar 2023

Auch wenn selbst junge Chemiestudierende wissen, was die Markownikow-Regel ist, so ist sie noch lange kein „alter Hut“. Ein Forscherteam aus Mülheim hat jetzt eine neue Methodik entwickelt, die Synthese-Probleme lösen könnte. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Catalysis“ veröffentlicht.

Wladimir Wassiljewitsch Markownikow war ein russischer Chemiker, der im 19. Jahrhundert gelebt hat und unter anderem an den Universitäten St. Petersburg, Odessa und Moskau arbeitete. Auf ihn geht die sogenannte Markownikow-Regel zurück. Diese besagt, dass bei der Anlagerung von Wasserstoffsäuren an asymmetrische substituierte Alkene das Wasserstoffatom stets an das bereits wasserstoffreichere Atom gebunden wird: „Wer hat, dem wird gegeben.“

Die Hydrochlorinierung von Alkenen mit Salzsäure gibt daher immer das verzweigte Produkt, das sogenannte Markownikow Produkt – eine der ersten Reaktionen, die Jungchemikern während des Studiums beigebracht werden. Nun hat die Arbeitsgruppe von Tobias Ritter, Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, eine Methodik entwickelt, mit deren Hilfe genau das andere, also das lineare Produkt gebildet wird – das anti Markownikow Produkt. Mit dieser Methodik haben sie neue Erkenntnisse über die chemischen Verhaltensweisen der Molküle gewinnen und somit den „Werkzeugkasten“ für die chemische Synthese erweitern können.

Konkret beschreiben die Chemikerinnen und Chemiker aus Mülheim in dieser Arbeit, wie mit Hilfe eines Katalysators und Licht ganz gewöhnliche Salzsäure an Alkene addiert werden kann, und zwar ohne die Notwendigkeit, andere Stoffe stoichiometrisch einzusetzen.  Stoichiometrie bezeichnet, vereinfacht gesagt, das exakte Mengenverhältnis der einzelnen Reaktanzen, welches zum Ablauf der Reaktion benötigt wird. Das ist deswegen wichtig, weil man die beteiligten Chemikalien natürlich möglichst effizient einsetzen möchte. 

Bei dieser Reaktion spielt nun eine bestimmte Form von Katalysator eine große Rolle, also ein „molekulares Werkzeug“, das chemische Reaktionen beschleunigt oder überhaupt erst ermöglicht, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Es handelt sich dabei um sogenannte Photoredox-aktive Ionenpaare. Diese lichtempfindlichen, elektrisch geladenen Moleküle entstehen erst während der Reaktion und fungieren dann als Katalysator. 

Obwohl die linearen Produkte bereits durch andere Synthesemethoden hergestellt werden können, ist der Mechanismus des Teams um Tobias Ritter möglicherweise hilfreich, um andere Syntheseprobleme besser angehen zu können. Derzeit werden anti-Markownikow Produkte hergestellt, indem man die Alkene erst stoichiometrisch reduziert und diese Produkte dann stoichiometrisch oxidiert. Dabei entsteht eine Menge Abfall.

„Unsere Methode erlaubt die Herstellung der anti Markownikow Produkte in einer Weise, dass nur Alkene und Salzsäure stoichiometrisch eingesetzt werden, alle anderen Komponenten, außer das Licht, werden nur als Katalysator eingesetzt“, erklärt Tobias Ritter. Das könnte zum Beispiel für Synthesen von primären Alkoholen nützlich sein, die großtechnisch mithilfe von Alkenen hergestellt werden. Diese primären Alkohole wiederum werden in Kraftstoffen und diversen Haushaltsprodukten benötigt.

Die Arbeit „Anti-Markovnikov hydrochlorination and hydronitrooxylation of α-olefins via visible-light photocatalysis“ ist jetzt in der britischen Fachzeitschrift Nature Catalysis erschienen. Auch die Fachzeitschrift Chemical & Engineering News hat das spannende Thema in einem Artikel aufgegriffen. 

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