Wertschätzung für wissenschaftlichen Nachwuchs

Mülheimer Max-Planck-Institute vergeben die Ernst-Haage-Preise 2022

11. November 2022

Vier junge Frauen und ein junger Mann sind in diesem Jahr mit dem Ernst-Haage-Preis ausgezeichnet worden. Und ein Ökonom liefert den Mülheimer Wissenschaftlern in einer besonders spannenden Keynote Vorlesung echtes „Gedankenfutter“. 

Begeisterung für die Chemie, exzellente Arbeit und auch die Gabe, andere mit der Leidenschaft für das eigene Fachgebiet anzustecken: Diese Eigenschaften haben die jungen Frauen und Männer gemeinsam, die auf dem Campus der beiden Mülheimer Max-Planck-Institute mit dem Ernst-Haage-Preis ausgezeichnet worden sind. 

„Kohle, Öl und Gas müssen einfach unter der Erde bleiben“

Als besonderen Gast und Keynote-Speaker hatte die Ernst-Haage-Stiftung, die den gleichnamigen Preis vergibt, den Bekannten Ökonomen Prof. Dr. Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung eingeladen. Er gab mit seinem Vortrag, so formulierte es Prof. Walter Leitner, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion und Vorsitzender des Stiftungskuratoriums, „Gedankenfutter“ mit auf den Weg. In seinem Vortrag „Klima, Krieg und Wissenschaft: Praktische Dilemmata und theoretische Herausforderungen“ erläuterte Edenhofer auf schonungslos offene Weise, wie es um die Bemühungen der Menschen in Sachen Klimaschutz steht. Es sei ein Trugschluss zu glauben, der Menschheit gehe der Vorrat an fossilen Rohstoffen aus, sagte Edenhofer, „aber Kohle, Öl und Gas müssen einfach unter der Erde bleiben“, mahnte er. Ansonsten werde der menschengemachte CO2-Ausstoß Folgen haben, die den Planeten Erde dramatisch verändern und vermehrt zur Umweltkatastrophen und Extremwetterereignissen führen können. „Allein der weltweit durch Kohle verursachte Ausstoß an Kohlenstoffdioxid, den wir für die kommenden Jahre erwarten, kann dafür sorgen, dass die Klimaziele nicht erreicht werden“, so Edenhofer. Politische Foren wie die aktuelle Klimakonferenz in Ägypten seien wichtig, aber Grundlagenforschung und Förderung begeisterter Nachwuchswissenschaftler, wie sie auch in den Max-Planck-Instituten am „Mülheim Chemistry Campus“ erfolgreich umgesetzt wird, lieferten letztendlich die Basis für eine nachhaltige Entwicklung.

Faszination für die Welt der Moleküle weckten dann auch die Präsentationen von Dr. Eva Blasco und Dr. Sabine Richert, den beiden aktuellen Trägerinnen des bundesweit ausgeschriebenen Ernst-Haage-Preises. „Es ist eine große Ausnahme, dass wir zwei Preisträgerinnen in einem Jahr auszeichnen“, erklärte Walter Leitner. „Doch Eva Blasco und Sabine Richert haben das Kuratorium absolut gleichwertig von sich überzeugt. Sie können stolz auf sich sein“, lobte er die beiden jungen Wissenschaftlerinnen. 

Eva Blasco arbeitet aktuell an der Universität Heidelberg und beschäftigt sich mit polymerbasierten funktionalen Materialien – und deren Einsatz im Bereich des 3D- und 4D-Drucks. Sabine Richert leitet eine Emmy Noether-Forschungsgruppe an der Universität Freiburg und befasst sich unter anderem mit Informationsspeicherung in chemischen Verbindungen. Was ihr bei Eva Blasco besonders aufgefallen sei, sei ihre Begabung dafür, Studierende für die Chemie zu begeistern, berichtete Prof. Petra Tegeder, die an der Universität Heidelberg lehrt und die Laudatio auf Dr. Eva Blasco hielt. Stefan Weber, Professor für Physikalische Chemie an der Uni Freiburg, zeigte sich begeistert von der Zielstrebigkeit und Klugheit seiner Gruppenleiterin Dr. Sabine Richert, auf die er die Laudatio hielt. Es sei erstaunlich, wie viel sie in ihrem Alter bereits erreicht habe.

Der Namensgeber des Preises, der Mülheimer Unternehmer Ernst Haage, hatte Zeit seines Lebens großen Wert auf die Ausbildung junger Menschen gelegt. Auch in seinem Mülheimer Maschinenbauunternehmen hatten Frauen und Männer eine Ausbildung absolviert. Und so ist es nur folgerichtig, dass im Rahmen des Ernst-Haage-Preises auch Auszubildende geehrt werden: In diesem Jahr waren das Jolina Keßler vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung und Sophie von Buttlar vom Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion – zwei junge, wissbegierige Frauen, die neben der eigenen Ausbildung jedoch stets das Wohl ihrer Mitauszubildenden im Blick haben, wie ihre Mentorinnen Laila Sahraoui und Nina Bäumer zu berichten wussten.

Der Ernst-Haage-Preis für Doktoranden ging in diesem Jahr an Niklas Kinzel, der vor wenigen Wochen seine Promotion an der RWTH Aachen mit summa cum laude abgeschlossen hat und zum neuen Jahr eine Stelle beim bayrischen Chemieunternehmen Wacker beginnt. Während seiner Zeit am MPI hatte Kinzel sich in der Arbeitsgruppe von Walter Leitner mit Übergangsmetallkomplexen und deren Anwendungsmöglichkeiten in der Elektrochemie beschäftigt, um das Klimagas Kohlenstoffdioxid in wertvolle Chemieprodukte umzuwandeln. So schloss sich der Kreis zu dem Festvortrag, von der gesellschaftlichen Herausforderung zur Grundlagenforschung an möglichen Lösungen.

Über den Ernst-Haage-Preis

Der Ernst-Haage-Preis zeichnet seit 2006 junge Wissenschaftler*innen für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Chemie aus und fördert insbesondere den wissenschaftlichen Nachwuchs. Die Auszeichnung wird zu Ehren des Mülheimer Unternehmers Ernst Haage (1901-1968) verliehen und ist mit einem Preisgeld von 7500 Euro dotiert.

Weiterhin werden jährlich Preise für besonders gelungene Promotionsarbeiten sowie für herausragende Auszubildende auf dem Mülheimer Campus verliehen.

Haages Tochter Ursula Bonnen, die leider 2019 verstorben ist, hatte die Ernst-Haage-Stiftung 2006 gemeinsam mit dem MPI für Chemische Energiekonversion ins Leben gerufen. Ihr Vater, der selbst Leiter der Feinmechanik am Mülheimer Max-Planck-Campus war, bevor er seine eigene Firma gründete, war den Instituten sein Leben lang eng verbunden geblieben.

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