List-Abteilung schreibt ein neues Kapitel in der wissenschaftlichen Debatte über das nicht-klassische Carbokation: Team findet enzymähnliche Katalysatoren, die das 2-Norbornyl-Kation in einer enantioselektiven Reaktion umwandeln

28. September 2020

Die Struktur des Norbonyl-Kations ist in der organischen Chemie ein Thema, das viel diskutiert und einen jahrzehntelangen wissenschaftlichen Diskurs befeuert hat. Die kontroverse Debatte zum sogenannten „nichtklassischen Kation“ richtete sich auf die Art der Bindung von Carbokationen, welche von Saul Winstein erstmalig als 3-Zentren-2-Elektronen-Einheit definiert worden war, um die Stereochemie resultierender Produkte zu erklären. Zwar konnte die nichtklassische Struktur durch den Einsatz moderner spektroskopischer und kristallographischer Methoden inzwischen belegt werden, aber eine asymmetrische Induktion auf nichtklassische Kationen wurde noch nicht realisiert. Da Carbokationen als Zwischenprodukt an einer Vielzahl von chemischen Reaktionen, etwa in Erdölraffinerieprozessen, bei der Medikamentenherstellung oder in Biosynthesen beteiligt sind, war ein solcher Prozess sowohl bei Grundlagenforschern als auch in der Industrie von hohem Interesse.

Angeführt durch Dr. Roberta Properzi näherten sich jetzt Forscher aus der Abteilung für Homogene Katalyse am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung Winsteins Reaktion mit einem modernen Blick und konnten zeigen, dass die Spiegelsymmetrie des 2-Norbornyl-Kations durch die Erzeugung einer asymmetrischen Umgebung um die 3-Zentren-2-Elektronen-Bindung gebrochen werden kann. Entscheidend hierbei war der Einsatz enzymähnlicher Imidodiphosphorimidate (IDPi) als Katalysatoren, welche eine hoch enantioselektive Additionsreaktion an das Carbokation ermöglichten. NMR-Untersuchungen sowie DFT-Kalkulationen der Gruppe um Professor Peter Schreiner in Gießen untermauerten die neuen Erkenntnisse, die nun im Artikel „Catalytic enantiocontrol over a non-classical carbocation" in Nature Chemistry veröffentlicht wurden.

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